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G´sund samma !
Am nächsten Morgen ist das Bein nochmals geschwollen, die Kopfwunde ist hinzugekommen, wir begeben uns auf die Suche nach Penicillin, um die Entzündung auch von innen zu bekämpfen. Frau Hurz übernimmt den Einkauf und bekommt als Frau ein Antibiotikum, das sich mit fachkundiger Unterstützung aus der Heimat (Liiieben Dank an Claudia !!) als mehr für weibliche Harnwegs- und sonstige Infektionen ausgerichtet herausstellt. Herr Flott bricht daraufhin die schon begonnene Einnahme ab - aber ist nun frei von Unterleibsbeschwerden !
Mittlerweile haben wir aus einem High Standard International Hospital in Rawalpindi ein von Claudia als geeignet befundenes Penicillin ergattert, die Behandlung hat schon gut angeschlagen und das Bein bleibt wohl dran !
Und Frau Hurz erfreut sich am ungeteilten Biergenuss - inklusive der Ration von Herrn Flott !!!   Also :
Nervig nur mal wieder die liebe Polizei : tagsüber nett grüssend, wird der erste Abend fast zum Ausreisegrund ! Wir haben einen netten Standplatz mit etwas Abstand zur lärmenden Hauptstrasse gefunden, bereits Bekanntschaft mit den Bewohnern des nächstgelegenen Hofes geschlossen, zu Abend gegessen, da rauscht eine Patrouille heran : 8-10 schwerbewaffnete Polizisten und der Officer fordert uns auf, den Platz zu verlassen, weil viel zu gefährlich. Ein Blödsinn, dem selbst die noch anwesenden Nachbarn widersprechen ! Wir weigern uns mit Hinweis auf Herrn Flotts Zustand, Frau Hurz diskutiert energisch aus dem Fenster (die Tür bleibt ab Dunkelheit zu !!) und die Beamten verziehen sich zunächst - um nach 10 Minuten wieder auf der Matte zu stehen ! Die Diskussion wird energischer, Frau Hurz erwirbt sich den Titel einer "Crazy Lady", Ruhe. Und nach weiteren 10 Minuten das gleiche Theater ! 2 Stunden lang !
Wir sind mittlerweile jenseits der Höflichkeit und nur noch genervt, aber die sind in der Überzahl und wechseln sich ab ! Anscheinend sind wir hier irgend jemand im Weg oder diese Polizeistation will einfach nur jegliches Risiko FÜR SICH ! ausschliessen - letztendlich geben wir auf (man will dann auch mal schlafen) und ziehen ein paar Kilometer weiter auf eine schwerbewachte, aber natürlich fürchterlich lärmende Tankstelle, denn in der Dunkelheit braucht man in der Natur nicht mehr nach einem Stellplatz zu suchen !
Aber dann : Welcome to Pakistan ! Und wie schon in der anderen Islamischen Republik (Iran) erlebt : äusserst freundliche, hilfsbereite Menschen, manche, insbesondere viele Jugendliche, mit Englisch-Kenntnissen, schade, dass wir zunächst auf "Durchmarsch" nach Norden schalten müssen, denn von Lahore bis hinter Islamabad sind wir noch in der heissen Ebene !
Nach diesem Intermezzo Pause für den Rest des Tages, aber dann zur Grenze : unser Visum ist nur für die Einreise bis zum 03.10. gültig. Ausreise Indien halbwegs normal, aber da die Grenze erst um 10.00 Uhr öffnet, ist es bei Ankunft am pakistanischen Schlagbaum bereits Mittag und wieder schweineheiss-schwül. Das Grenzgebäude ist muffig, Herr Flott hat nur eine Banane gefrühstückt, ist generell noch nicht wieder auf Level, es schwummert vor den Augen und plötzlich fällt er ungebremst aus der Vertikalen stumpf um. Frau Flott meint : schneller, als sie "Baum fällt !" rufen kann ! Der Hinter-kopf schlägt auf ein Stahlprofil eines völlig unnütz und ungeschützt herumstehenden "Pakistan Customs welcomes you" Banners auf (Klage läuft), die Kopfhaut platzt - und um den Kopf breitet sich eine nette Lache wie nach einem Kopfschuss aus. Lernt ja jeder Komantsche bereits im Grundkurs Skalpieren I, dass Schnitte in die Kopfhaut viel Blut strömen lassen ! Nun denn, beim Aufwachen blickt Herr Flott etwas verwirrt in die freundlich interessierten, aber auch besorgten Gesichter der ihn umringenden gesamten Grenzbesatzung (als ob sie hier in Pakistan noch nie nen Kopfschuss gesehen haben), Frau Hurz rennt zum truck, um Verbandszeug zu beschaffen und kurze Zeit später ist Herr Flott stolzer Besitzer eines präsentablen Kopfverbandes ! Alles wieder gut, nur ist in dem Getümmel unsere Dokumententasche verschwunden ! Und taucht in den Händen eines strahlenden Grenzbeamten gleich wieder auf - mit ordentlich und korrekt gestempelten Papieren ! Wir werden freundlichst zum truck eskortiert, man nimmt mit Respekt zur Kenntnis, dass sich FRAU!! Hurz an´s Lenkrad setzt - und verzichtet auf die sonst noch zu absolvierende Suche nach unseren 150 Bierdosen (ISLAMISCHE Republik !!) -
besser die Touris schnell vom Hof, bevor der Kerl hier noch stirbt !
In der Nachbetrachtung hat uns dieser kleine Zwischenfall eine Menge Zeit und Aufwand erspart - wir denken darüber nach, diese Nummer zukünftig als Show-Einlage in unser Standard-Grenz-Repertoire zu übernehmen, allerdings dann mit einigen Verfeinerungen: der authentische, aber auf Dauer riskante Ablauf der Premierenversion bereitet Herrn Flott doch noch etwas Kopfschmerzen ...
Und siehe da : kaum haben wir an der Rezeption 500 Rupien (7 Euro) bezahlt "to see the doctor", werden wir auch schon express in den OP geführt : kuschelig mit 12 weitgehend belegten Betten, in denen Menschen in unterschiedlichsten Stadien von Behandlung oder Pflege liegen (immerhin keine offenen Bäuche !), Privatsphäre = 0, aber viele nette Schwestern mit dem kompletten Instrumentarium von Blutdruck bis Sauerstoff und - Chefarztbehandlung ! oder jedenfalls fast ... Und nach kurzem Blick auf den Eiterherd geht es auch schon los : Herr Flott auf den Bauch, Herr Doktor mit Werkzeugrolle, aber ohne jedes Mitleid mit Pressen, Schneiden, Quetschen und da Frau Hurz bei diesem Anblick einen kleinen Schwäche-anfall erleidet, wissen wir letztendlich nicht, ob er (natürlich ohne Betäubung) mit Teppich-messer oder Schraubendreher gewerkelt hat - angefühlt hat es sich jedenfalls wie eine von Rambo´s berühmten Selbstverarztungen mit dem Kampfmesser ! Antiseptische Salbe, Verband, fertig ! Behandlung plus Salbe plus Verbandsmaterial = 10 Euro ! Wir fragen uns nach dem Sinn unserer bisher noch nie beanspruchten Auslands-KV : von den bisher gezahlten Beiträgen könnte man wohl spielend einige schwerere OP`s mit anschliessender Intensivpflege abdecken ! Und das Resultat : erst mal eiterfrei, wir warten die weitere Entwicklung ab, jedenfalls bekommt Herr Flott jetzt 3 mal täglich bei jedem Verbandswechsel die (liebe-) volle Zuwendung von Frau Hurz ...
Kurz vor der Ausreise dann aber doch mal was Medizinisches - hatten wir in den letzten 5 Jahren dankenswerterweise so gut wie gar nicht ! Was mit zwei harmlos erscheinenden Stichen an der rechten Mannequin-Wade des Herrn Flott begann, hat sich  unter den feuchtheissen klimatischen Randbedingungen innerhalb von 2 Tagen zu zwei eitrig entzündeten Löchlein entwickelt, deren Behandlung mit Bordskalpell und Desinfektion (vielleicht mangels hinreichend konsequenter Schnitttiefe durch Frau Hurz) nicht zu erkennbaren Ergebnissen führt. Und da wir nicht wissen, was da gebissen hat und das Bein in erstaunlicher Geschwindig-keit rot unterlaufen angeschwollen ist, beschliessen wir Inspektion und Test des indischen Gesundheitswesens, im ersten Anlauf erst einmal "weichgespült" in einer "Privatklinik" - staatlich vielleicht später mal ....
Nach Verabschiedung von unserem After School Projekt in Leh sind wir an der pakistanischen Grenze entlang nach Kashmir weitergezogen und in Srinagar nach Süden Richtung Amritsar abgebogen - schööön langsam, um die angenehmen Temperaturen in der Höhe möglichst lange auskosten zu können. Aber irgendwann müssen wir dann doch in die Niederungen, denn um die Zeit bis zu den zumindest erträglichen Temperaturen in den Ebenen Südindiens ab November zu überbrücken, bietet der Norden für uns nicht genug Stoff für weitere Wochen, während  ein paar Kilometer weiter westlich ein MUSS für jeden wartet, der in dieser Region unterwegs ist : der Karakhorum-Highway in Pakistan ! Das Visum hatten wir bei unserem letzten Aufenthalt in D direkt (und teuer) in Frankfurt besorgt, also wollen wir natürlich auch hin ! Dummerweise gibt es im Norden keine für Touris mit eigenem Fahrzeug passierbare Grenze, deshalb über Amritsar nach Lahore - bei bis zu 48 GRAD !!
Aber g`sund sammer ...
30.09.2017